Ausschüsse stimmen für Änderung von Polizei- und Verfassungsschutzgesetz
Mittwoch, den 08. November 2017 um 16:50 Uhr

Rechtliche Grundlage für Einsatz von Spähsoftware zum Überwachen verschlüsselter Online-Kommunikation

Stuttgart. Der Ausschuss für Inneres, Digitalisierung und Migration sowie der Ständige Ausschuss des Landtags empfehlen dem Landtagsplenum, dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Polizeigesetzes und des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg sowie dem Gesetzentwurf zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Artikel-10-Gesetz zuzustimmen. Eine entsprechende Beschlussempfehlung fassten die Gremien mit den Stimmen von Grünen und CDU in einer gemeinsamen nicht öffentlichen Sitzung am Dienstag, 7. November 2017.

Mit den Gesetzesänderungen soll den Sicherheitsbehörden in Baden-Württemberg die rechtliche Grundlage unter anderem für den Einsatz von Spähsoftware zum Überwachen verschlüsselter Online-Kommunikation gegeben werden (Quellen-TKÜ). Das teilten der Vorsitzende des federführenden Innenausschusses, Karl Klein (CDU), und der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses, Dr. Stefan Scheffold (CDU), nach der gemeinsamen Sitzung mit.

Zuvor hatten die Ausschussmitglieder den Präsidenten des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, Ralf Michelfelder, zum Einsatz einer entsprechenden Spähsoftware gehört und befragt. Die zusätzliche Sitzung der Ausschüsse war nötig geworden, nachdem sich nach einer öffentlichen Anhörung vor zwei Wochen noch eine ganze Reihe an offenen Fragen ergeben hatte. Zum einen wollten die Abgeordneten die ungeklärten Fragen beantworten und zum anderen ein ordnungsgemäßes Gesetzgebungsverfahren gewährleisten, so die beiden Vorsitzenden. Die Zweite Beratung der Gesetzentwürfe ist für die Plenarsitzung am 15. November 2017 vorgesehen.

Nach Angaben der Vorsitzenden existiert in Baden-Württemberg bisher nur eine rechtliche Grundlage zum Überwachen von unverschlüsselter Kommunikation wie SMS oder klassische Telefonate. Eine polizeipräventive Rechtsgrundlage für die inhaltliche Kommunikationsüberwachung inklusive Quellen-TKÜ gibt es im Südwesten derzeit dagegen nicht. Mit den Gesetzentwürfen soll daher eine entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen werden, mit der die Quellen-TKÜ ermöglicht werden kann. Die Quellen-TKÜ unterscheidet sich stark von der bisherigen Kommunikationsüberwachung.

Die Quellen-TKÜ zielt darauf ab, verschlüsselte Telekommunikation wie bei Messengerdiensten und Internet-Telefonie in bestimmten, dringend bestehenden Gefahrensituationen wie bei Terrorismus, aber auch bei nicht-terroristischen Gefahrensituationen wie Amoklagen oder Kindesmissbrauch zu überwachen. Eine klassische Überwachung wie beispielsweise beim SMS-Versand, bei der Inhalte während der Übertragung abgefangen werden, ist bei der Überwachung von verschlüsselten Diensten nicht möglich.

Bei der Quellen-TKÜ wird der Zugriffszeitpunkt zeitlich vor die Verschlüsselung verlagert, so dass die Daten bereits vor der Verschlüsselung ausgeleitet und von den Behörden mitgelesen bzw. mitgehört werden. Dafür ist eine spezielle Software erforderlich. Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf zur Änderung des Polizeigesetzes unter anderem noch den Einsatz von Sprengmitteln durch Spezialkräfte und die Schaffung einer Rechtsgrundlage für den Einsatz einer „intelligenten Videoüberwachung“ an Kriminalitätsschwerpunkten und gefährdeten Objekten sowie bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen vor, wenn dort terroristische Anschläge drohen.

Copyright: Pressemitteilung des Landtags von Baden-Württemberg vom 07. November 2017